Mit einer Tasse Tee stand ich vor ein paar Wochen am Fenster unseres kleinen Holzhauses auf einer Insel im Nordwesten Stockholms. Gerade hatte ich mitbekommen, dass der Pendelzug auf dem Festland, der mich zu Freunden in die schwedische Hauptstadt hätte bringen sollen, aufgrund der extrem schlechten Wetterverhältnisse eingestellt worden war. Zuvor hätte ich übrigens noch die 15 Kilometer durch das hübsche Schneegestöber mit meinem Rad auf schmalen Feldwegen quer über das Eiland zum nächstgelegenen Bahnhof zurück legen müssen.
Während ich die dicken Flocken bestaunte, die auf den vereisten Mälaren niederfielen, erinnerte ich mich daran, wie ich vor ein paar Jahren auf einer Farm im Norden Islands mithalf. Und an meine erste schmerzliche Begegnung mit einem Wetterzustand, den die Isländer »Gluggaveður« (dt. Fensterwetter) nennen. Auch damals schaute ich aus einem großzügigen Fenster hinaus auf eine eisige Landschaft, in der weiße Flocken durch die Luft wirbelten. Ich hatte einen Tag frei und wollte um jeden Preis laufen gehen.
Noch heute spüre ich den verständnislosen Blick meines Gastvaters Frðrik, als ich meine Laufschuhe schnürte. Schon nach kurzer Zeit zwang mich ein unerwartet eisiger Sturm in die Knie. Nach kurzer Zeit kam Frðrik, der meinen missglückten Trainingsversuch scheinbar durchs Fenster beobachtet hatte, mit seinem Jeep angefahren. Verfroren und kleinlaut kroch ich auf den Beifahrersitz des Autos.
Ich erfuhr, dass das Wort »Gluggaveður« fest im isländischen Sprachschatz verankert ist. Es handelt sich um ein Wetter, das durch die Scheibe betrachtet außerordentlich schön sein kann. Wagt man sich nach draußen, liefert man sich jedoch eisigen Böen aus, die nachhaltige Kopfschmerzen hinterlassen können. Vor die Tür begibt sich beim Fensterwetter kein Isländer freiwillig.
Ich verbringe auch im Winter gerne jede freie Minute draußen. Und ich bin ziemlich ungeduldig. Am liebsten würde ich immer gleich drei Dinge auf einmal erledigen und jeden Tag ein neues Abenteuer erleben. Vielleicht ist dieses Fensterwetter gerade deshalb so ein wichtiges Phänomen für mich, weil es mir eine Zwangspause verordnet und mich ein wenig zur Ruhe kommen lässt. Ich versuche auf jeden Fall, es dankbar anzunehmen.