Schwedens schlechtester Angler
Wie bei Philipp auch ohne großen Fang ein Seesaibling auf dem Teller landete.
Zweimal war ich schon in dieser Berghütte am See hoch oben in Jämtlands Fjäll. Das erste Mal im Winter. Da schleppte ich in meiner Pulka einen zig Kilo schweren Eisbohrer den Hang hinauf, für das Loch, aus dem ich schwarmweise Fische ziehen wollte. Das zweite Mal jetzt im Sommer. Da mietete ich hoffnungsvoll ein Ruderboot für meine Beutezüge. Die Bilanz war in beiden Fällen niederschmetternd. Sprich null.
Bei den Nachbarn in der Hütte nebenan lief es unverhältnismäßig besser. In Eimern trugen sie Abend für Abend ihren Fang an mir vorbei, stolz wie Fischers Fritze. Irgendwie fragt man sich da ja dann schon, wie es zu so deutlich abweichenden Resultaten kommen kann.
Da ist zunächst die Ausrüstung: Mein 40-Euro-Anfänger-Angelsatz gegen ein Arsenal aus Ruten für alle Lagen und eine Holzkiste mit einer beeindruckenden Sammlung an Ködern. Darunter ein besonderer Blinker aus Kupfer, von den Nachbarn »Jämtlandsdrag« genannt, speziell für diese Region und Gewässer und dort wiederum speziell zum Fang des scheuen Seesaiblings geeignet.
Zu diesem materiellen Vorsprung kommt dann auch noch eine mir fremde Kombination aus Geduld und Fokus: Als ich morgens meine Laufschuhe schnürte, zogen die von nebenan schon in schenkelhohen Gummistiefeln durch unwegsame Feuchtgebiete zum Fangplatz des Tages. Oder glitten dank mitgebrachtem Elektromotor leise über den See. Bis zum Abend widmeten sie jede Minute dem Fischen – während ich in derselben Zeit Lauftouren, Wanderungen, Saunagänge, Kartenspiele und die obligatorisch fischschlosen Bootsrunden unterbrachte.
Mich fasziniert diese Leidenschaft an der Sache und der Erfolg, den ein Spezialinteresse so mit sich bringt. Ein Erfolg, der mir wegen meiner eher breiteren Ausrichtung wohl ewig verwehrt bleiben wird. Aber man kann ja auch so glücklich werden. Am letzten Abend klopfte es an der Tür. Da standen sie, die Nachbarn – mit einem Teller frisch zubereitetem Seesaibling neben dampfenden Pellkartoffeln und Butter. Sie wüssten gar nicht, wohin mit ihren ganzen Fischen. Kein Problem. In solchen Fällen helfe ich gerne. Denn das ist meine Spezialität.