Wo kommen eigentlich die Daunen aus meiner Jacke her? Kritische Fragen haben bei Fjällräven und Patagonia einiges in Bewegung gebracht.
Die Daune erlebt seit einigen Jahren ein wahres Comeback. Der Verkauf von sowohl günstigen als auch hochpreisigen Modellen wächst kontinuierlich. Neben Rückfragen zu technischen Begriffen wie »Bauschkraft« und »Füllgewicht« stellen immer mehr Verbraucher Fragen zur Herkunft der Daunen. Unter welchen Bedingungen wurde die Gans gehalten, von der die Daunen stammen? Und wie werden die Daunen verarbeitet?
In Schweden kam dieses Thema erstmals vor fünf Jahren auf die Tagesordnung, als einer der führenden Fernsehsender des Landes, TV4, sich intensiv mit dem sogenannten Lebendrupf befasste. Wird eine Gans zu Lebzeiten gerupft, kann man sie, sobald das Gefieder nachwächst, noch einmal rupfen. In dem Zusammenhang wurde auch das Outdoor-Unternehmen Fjällräven erwähnt, das ein großes Sortiment an Daunenprodukten besitzt. Mitarbeiter von TV4 nahmen unter falschem Namen mit einem chinesischen Partner von Fjällräven Kontakt auf und filmten mit versteckter Kamera in dessen Betrieb. Der verantwortliche Reporter gab sich als potenzieller Kunde aus, der an Lebendrupf-Daunen interessiert war. Außerdem ließ er den Lieferanten wissen, dass er gefälschte Zertifikate benötigte, aus denen hervorgeht, dass die Daunen Restprodukte aus der Nahrungsmittelproduktion seien. Ihm wurde versichert, dass es dafür eine Lösung gäbe.
Warnschuss für die Branche
Der Bericht über die Daunenproduktion in China wurde im Februar 2009 ausgestrahlt und erregte große Aufmerksamkeit. »Damals hatten wir bereits klare Regeln bei Fjällräven. Unsere Lieferanten durften keine Lebendrupf-Daunen verwenden«, sagt Martin Axelhed, der heute Geschäftsführer des Unternehmens ist. »Der Beitrag war erschütternd, man konnte sehen, wie sehr die Gänse litten, während sie gerupft wurden. Die Bilder an sich hatten nichts mit der Daunenproduktion bei Fjällräven zu tun, aber das fiel natürlich auf uns zurück. Wir hatten uns auf die Zertifikate unserer Lieferanten verlassen.« Die Sendung wurde zum Warnschuss für die Outdoor-Branche.
Martin Axelhed denkt nicht gerne an die Zeit unmittelbar nach der Ausstrahlung zurück. Sein Handy klingelte zwei Monate lang unterunterbrochen. Aber heute ist er dankbar, dass Fjällräven damals im Mittelpunkt stand: »Im Rückspiegel betrachtet, können wir uns zumindest teilweise bei TV4 dafür bedanken, dass wir heute das führende Unternehmen im Bereich ethisch vertretbare Daunenproduktion sind.«
Glückliche Gänse
Ein anderes Unternehmen, das in eine ähnliche Situation geriet, ist Patagonia. 2011 wurde die US-amerikanische Firma von der Tierschutzorganisation »Four Paws« unter Beschuss genommen, die einige Lieferanten mit versteckter Kamera dabei gefilmt hatte, wie sie ihre Gänse zwangsmästeten, um Gänsestopfleber herzustellen. Patagonia entschied, die Kritik ernst zu nehmen und bat »Four Paws« um Hilfe. »Als wir aufgrund des Filmmaterials von der Tierschutzorganisation einsahen, dass wir ein Problem in unserer Lieferkette hatten, sahen wir uns gezwungen, die Zusammenarbeit mit einem unserer wichtigsten Lieferanten zu beenden. Sie konnten uns nicht garantieren, dass die Daunen wirklich nur von Gänsen stammten, die weder lebend gerupft noch zwangsgemästet waren«, berichtet Wendy Savage, CSR- und Umweltbeauftragte bei Patagonia.
Sowohl Fjällräven als auch Patagonia haben ihr Engagement seitdem noch verstärkt. Es geht für beide Firmen nicht mehr nur um die Vermeidung von Lebendrupf-Daunen und zwangsgemästeten Tieren, sondern um die Garantie, dass die von den Unternehmen verwendeten Daunen ausschließlich Restprodukte aus der Nahrungsmittelproduktion sind. Genau wie ein Kunde im Supermarkt das Recht hat, sich für Eier von Hühner aus Freilandhaltung zu entscheiden, die ein erträgliches Leben gehabt haben, soll auch der Verbraucher im Outdoor-Geschäft sicher sein können, dass die Daunen in seiner Jacke von glücklichen Gänsen stammen.
Schritt für Schritt
Fjällräven hat unter der Leitung von Tobias Rantzén, Produktchef bei Fjällräven, und Aiko Bode, die beim Mutterkonzern Fenix Outdoor für Umweltfragen verantwortlich ist, jeden Teil der Lieferkette überprüft – von den Gänsefarmen, über die Bauern bis hin zu den Schlachtereien. Experten wie der Tierarzt Johan Beck-Friis, Vertreter des Tierschutzbundes Südschweden, waren an der Aktion beteiligt und haben das Unternehmen in Fragen der Tierhaltung beraten.
In der Schlachterei werden die Daunen für Fjällräven in spezielle Säcke verpackt, mit einem Siegel versehen und dann zum nächsten Ort in der Produktionskette transportiert. Dort werden sie mit einem umweltfreundlichen Shampoo gereinigt und nach Qualität sortiert. Danach werden die Daunen ein weiteres Mal in versiegelte Säcke verpackt und in die Nähfabriken gebracht. Fjällräven kann die Daunen bis zum Ursprung zurückverfolgen.
Patagonia hat ein ähnliches System eingeführt, dass den Namen »100% Traceable Down Insulation« trägt. »Heute kann uns kein Lieferant mehr an der Nase herumführen. Wir können garantieren, dass wir genau wissen, woher die Daunen stammen«, sagt Wendy Savage. Diese Fragen sind für die gesamte Outdoor-Branche relevant, und viele weitere Firmen sind zurzeit dabei, Systeme zu implementieren, die ethisch vertretbare und nachhaltige Produktion der Daunen garantieren.
Die »European Outdoor Group« (EOG) ist eine Branchenorganisation, die über 50 internationale Marken unter ihrem Dach versammelt hat. Erst kürzlich konnte man berichten, dass die aktuelle Nachfrage nach Outdoor- Ausrüstung mit Daunen alle bisherigen Rekorde schlägt. Gleichzeitig wies die Organisation darauf hin, dass die qualitätsbewusste Outdoor-Branche nur ein Prozent des globalen Daunenmarktes innehat. Die richtige Revolution wird erst dann kommen, wenn die Kunden die gleichen Forderungen auch an die multinationalen Bekleidungskonzerne richten, bei denen es immer noch vornehmlich um den Preis geht.