Beschlagene Linsen, steife Finger und schwächelnde Akkus – wer im Winter mit der Kamera loszieht, muss sich auf einiges gefasst machen. Martin Hülle weiß, wie man in den eisig kalten Winterlandschaften des Nordens die besten Bilder macht.
Die gute Nachricht ist: Es kann eigentlich nicht zu kalt sein. Kameras funktionieren auch bei tiefsten Minusgraden. Vielleicht läuft ein Zoom- Ring am Objektiv mal etwas schwergängiger, und natürlich sind die Akkus schneller erschöpft, aber das sind alles keine Ausreden, nicht auch im Winter zum Fotoapparat zu greifen. Man sollte jedoch unbedingt Handschuhe tragen, mit denen sich die Kamera gut bedienen lässt. Hilfreich ist auch, wenn die Kamera einen direkten Zugriff auf diverse Einstellungen ermöglicht, sodass man nicht über winzige Tasten durchs Menü scrollen muss. Der Sucher sollte möglichst groß sein, damit man auch mit einer Sonnenbrille noch guten Durchblick hat. Reserveakkus sollten gut vorgewärmt am Körper getragen werden. Wenn man die Kamera konstant in der Kälte belässt, gibt es auch keine Probleme mit Feuchtigkeit. Wer jedoch am Ende eines Tages eine warme Hütte aufsucht, wird schnell mit Kondensation zu tun haben. Dann heißt es abwarten, bis alles getrocknet ist.
Schnee, Licht und Weißabgleich
Es ist grundsätzlich schwieriger, eine Winterlandschaft korrekt zu belichten, als Palmen am Strand aufzunehmen. Meiner Erfahrung nach arbeitet die Belichtungsmessung bei Sonnenschein und blauem Himmel aber sehr treffsicher. Bei trüber Wetterlage ist meistens eine Korrektur nötig. Die Kamera sieht nur den weißen, hellen Schnee und tendiert daher zu einer zu knappen Belichtung. Im Ergebnis erscheint der Schnee auf dem Foto grau. Einen Standardwert gibt es hier nicht. Üblicherweise liegt die optimale Korrektur jedoch bei etwa +1, wodurch das Foto aufgehellt wird. Man sollte sich angewöhnen, die Histogramm-Anzeige zur Belichtungskontrolle heranzuziehen, da ein Bild aufgrund des hellen Umgebungslichtes auf dem Display oft kaum erkennbar ist und eine treffsichere Beurteilung erschwert.
Häufig treten darüber hinaus Farbstiche in den Fotos auf. Der Schnee wird übertrieben blau und unnatürlich wiedergegeben. Schuld daran ist ein falsch eingestellter Weißabgleich in der Kamera oder ein von der WB-Automatik nicht korrekt gewählter Wert. Ich fotografiere trotzdem immer mit dem Weißabgleich im Automatikmodus und optimiere eventuelle Fehleinstellungen später in einem RAW-Konverter, in dem sich der Weißabgleich nachträglich einfach ändern lässt. Schwarz-Weißist eine gute Möglichkeit, um die ohnehin monochrome Winterlandschaft weiter zu betonen und ihr durch das Hinzufügen von analoger Körnung in der Bildnachbearbeitung noch weitere Dramatik zu verleihen. Auch das Spielen mit Licht, Wetter und grafischen Formen ist zu empfehlen.
Winterliche Motive
Bild 1 ist Anfang April im Rondane-Nationalpark entstanden – allerdings mitten in der Nacht. Ich hatte meine Fujifilm X-T1 mitsamt des 14mm-Weitwinkel-Objektivs auf ein solides Stativ montiert. Nur funktionierte just in der Situation mein Fernauslöser nicht und ich musste den Selbstauslöser nutzen und immer wieder hin- und herlaufen, um mich selbst in Szene zu setzen. Die Belichtungszeit betrug satte 30 Sekunden und es war nicht einfach, so lange stillzustehen.
Bei Winteraufnahmen, die tagsüber entstehen, achte ich meistens darauf, dass der Schnee schön jungfräulich aussieht, meine Mitwanderer im Bild ihre eigene Spur durch das Weiß ziehen und die Landschaft ringsum nicht zu stark zerfurcht ist. Die Bilder wirken so einfach schöner.