Die Liebe zu Pferden und eine optimistische Weltsicht, die Möglichkeiten statt Schwierigkeiten sieht, haben Lars-Olov Lundgren aus Norrbotten zu einem modernen Pionier der Forstwirtschaft gemacht. Als er anfing, neue Wege zu gehen, war sein erklärtes Ziel, Waldgebiete so zu bewirtschaften, dass die Natur keinen Schaden nehmen würde. Außerdem wollte er so viel Wald wie möglich unbehelligt wachsen lassen. Heute kann er mit gutem Gewissen sagen, dass seine Rechnung aufgegangen ist – sowohl wirtschaftlich als auch im Hinblick auf die Umwelt.
Seine Kunden sind zahlreich, überwiegend private Waldbesitzer, die über kleinere Flächen verfügen oder Behörden, deren Wälder nicht im traditionellen Sinne bewirtschaftet werden können. Gerade bei sensiblen Böden, in überschaubaren Waldarealen und auf Privatgrundstücken ist seine Arbeitsweise besonders gefragt. Statt mit schweren Maschinen arbeitet Lars-Olov mit sogenannten Rückepferden. Und er ist nicht verwundert über die große Nachfrage an seinen Diensten: »Der Vorteil an vierbeinigen Waldarbeitern ist, dass sie die Böden viel weniger belasten als die Maschinen«, erklärt er. »Sowohl Holzvollernter als auch der von Pferden gezogene Wagen für den Transport sind so schmal, dass keine großen Schneisen in den Wald geschlagen werden müssen, um die Stämme wegzuschaffen. Auf diese Weise bleibt auch mehr Produktionsfläche erhalten«, fügt er hinzu.
Dampfende Kaltblüter
Wir befinden uns in Tväråsel, das nördlich von Älvsbyn in Norrbotten liegt. Lars-Olov arbeitet mit seinem Sohn Daniel zusammen. Er fährt den kleinen Holzvollernter und Lars-Olov sorgt für den Abtransport der Baumstämme. Meistens fährt der Sohn voraus und fällt die Bäume. Außerdem ist er dafür verantwortlich, eine kleine Schneise für den Transport anzulegen, wenn dies nötig ist. Die beiden sind mit ihrer Arbeitsweise nicht alleine. Im ganzen Land gibt es mittlerweile neu gegründete Firmen, die Forstwirtschaft per Pferd betreiben – meistens als eine Ergänzung zu herkömmlichen Methoden oder auch, um das Potenzial der Pferde verstärkt zu nutzen. Die Pferde müssen gut vorwärts kommen können, und die Transportschneisen sollten dem natürlichen Wachstum des Waldes folgen. Auch das Gefälle im Wald muss man unbedingt im Blick haben, damit die Pferde nicht zu stark belastet werden oder sich der Wagen im Gelände verselbstständigt.
Die drei nordschwedischen Kaltblüter dampfen, als sie vor einer wachsenden Sammlung gefällter Baumstämme stehen und auf ihren Einsatz warten. Der Wagen ist eine Spezialanfertigung aus Finnland und wurde extra für den Pferdetransport produziert. Er ist mit einem supermodernen Hebekran ausgestattet, der die Stämme auf die Ladefläche wuchtet – effektiv und schnell. Die Pferde schnaufen, treten auf der Stelle und kauen auf Tannenzweigen herum, die ihnen zu Füßen liegen.
Der Wallach Vallman gerät kurzzeitig mit dem Hengst Dacke aneinander, der sich als Rudelführer behaupten möchte. Die Stute Valtra spart ihre Energie stattdessen und steht ruhig in Warteposition. Nachdem Lars-Olov ein Machtwort gesprochen hat, schüttelt Dacke seinen großen Kopf und widmet sich wieder den Tannenzweigen. Sobald der Hebekran aus ist, hören alle Pferde auf zu kauen und spannen die Muskeln. Dann ziehen sie den Wagen zum nächsten Holzstapel.
Lebendige Traditionen
Der Wald war schon immer Lebensgrundlage von Lars-Olov. Als er in den 70er Jahren mit der Waldarbeit anfing, konnte er aus nächster Nähe die schnellen Entwicklungen in der Forstwirtschaft verfolgen. Später übernahm er die Bewirtschaftung seines eigenen Waldes und arbeitete auch eine Zeit lang als Lehrer an einem Fachgymnasium für Landmanagement – bis er mit modernen Methoden und traditionellen Pferdestärken doch wieder in den Wald zurückkehrte.
Ich mag Pferde sehr, aber mir war schnell klar, dass sie ein ziemlich teures Vergnügen sind, wenn ich nichts mit ihnen verdiene.
Vom 19. Jahrhundert bis Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts geschah der Transport im Wald zur Hälfte per Pferd. Danach begann der Aufstieg der Forsttraktoren. Effektivität und Volumen wurden zu den Schlagwörtern der Zeit und größere Gewinnspannen bei weniger Arbeitseinsatz waren das erklärte Ziel der meisten Forstwirte. Doch vor dem Hintergrund eines gestiegenen Umweltbewusstseins ist die Rückkehr zu einer Arbeitsweise, die auf Mensch und Natur Rücksicht nimmt, plötzlich wieder eine Option.
»Viele Waldarbeiter sind erst mal skeptisch, wenn sie von den Pferden hören. Sie denken dann als erstes an die harte Arbeit, die in der Vergangenheit üblich war. Aber es ist tatsächlich möglich, Arbeitsabläufe zu modernisieren, ohne dass Natur und Tiere Schaden nehmen. Ich mag Pferde sehr, aber mir war schnell klar, dass sie ein ziemlich teures Vergnügen sind, wenn ich nichts mit ihnen verdiene. Wenn man es genau nimmt, habe ich eigentlich nur den Traktor durch lebendige Pferdestärken ersetzt. Das Beladen geschieht weiterhin maschinell – und das war ja früher der härteste Teil der Arbeit«, berichtet Lars-Olov.
Da die Tage hier oben im Norden im Winter nur kurz sind, fällt die Mittagspause in der Holzfällerhütte nur kurz aus. Während Vater und Sohn das Essen auf dem Gasherd aufwärmen, bedienen sich die Pferde am Heuhaufen. Daniel macht sich schnell wieder auf den Weg zum Holzvollernter. Lars-Olov nutzt die Gelegenheit, den Pferden eine kleine Streicheleinheit zu verpassen, als er sie losbindet. Dann geht es wieder an die Arbeit. Bis es dunkel wird.