Fast fünf Jahre lang wurde der Vindelälven-Fluss in Nordschweden renaturiert. Nun können Naturliebhaber und Sportangler endlich in den Genuss des Ergebnisses kommen. Und die Fische können sich mal so richtig austoben.
Es gibt an der Landstraße 363 Stellen, an denen Johanna Gardeström einfach nicht vorbeifahren kann, ohne anzuhalten. Die Stromschnelle Djupselforsen ist so ein Ort.
Johanna ist jedes Mal hin und weg von so viel Schönheit. Sie hat eine besondere Beziehung zum Vindelälven, wuchs sie doch direkt an dem Fluss auf, in einem kleinen Dorf etwas weiter südlich, das Spöland heißt. Vor fünf Jahren übernahm sie in ihrer Eigenschaft als Projektleiterin an der Universität Umeå die Verantwortung für die Renaturierung des Vindelälven, die unter dem Namen »Vindel River Life« initiiert wurde. Ziel des Projektes ist, das ursprüngliche Flussbett wiederherzustellen – so wie es vor der Industrialisierung war.
Auf diese Weise soll auch die Tier- und Pflanzenwelt an und in dem Wasserlauf wieder zu neuem Leben erweckt werden. »Zu Beginn waren die Menschen hier etwas skeptisch. Was wir denn hier wollten, wurden wir gefragt. Doch schon bald verstanden die meisten, dass unsere Arbeit sich positiv auf die Natur auswirken würde. Jetzt bekommen wir sogar Anrufe von Leuten, die wollen, dass wir uns die Nebenflüsse auf ihren Grundstücken anschauen«, berichtet Johanna.
Legendäres Angelparadies
Der Vindelälven ist ein sogenannter befriedeter »Nationalfluss«, was bedeutet, dass hier kein Wasserkraftausbau stattfinden darf. Die Quellflüsse des Vindelälven entspringen im schwedischen Fjäll und der Fluss erstreckt sich bis in die Ostsee – wild und mächtig. Für schwedische und internationale Sportangler gilt der Fluss mit seinen Nebenläufen als legendäres Angelparadies. Früher wurden hier regelmäßig fünf bis sieben Kilo schwere Forellen aus dem Wasser gezogen. Bis heute gibt es Forellen und Äschenbestände.
Doch wie so viele andere Flüsse in Norrland ist der Vindeläven von den Spätfolgen der Flößerei betroffen, die von 1850 bis 1976 auf dem Fluss betrieben wurde. Alles, was den Transport der Baumstämme aufhielt, wurde gnadenlos entfernt. Das Flussbett wurde bereinigt und begradigt. Doch für die Tiere und Pflanzen, die im Vindelälven ihren Lebensraum hatten, war es eine Katastrophe. »Fließendes Wasser produziert keine eigenen Nährstoffe. Die werden von Land aus in den Fluss geschwemmt. In einem für die Flößerei optimierten Wasserlauf, der keine natürlichen Hindernisse mehr aufweist, wird jedoch alles direkt ins Meer gespült. Auch die natürlichen Tummelplätze für die Fische werden so vernichtet.«
Natürliches Chaos
Als die Gewinne aus der Flößerei zurück gingen und das Holz stattdessen per LKW und auf der Schiene transportiert wurde, verloren viele Flößer ihren Arbeitsplatz. »Zu Beginn der 70er Jahre begann man an vielen Stellen, die Flussläufe zu renaturieren. Viele der Flößer ließen sich zu Fischwirten umschulen und kümmerten sich fortan um die Pflege des Lebensraums der Tiere.«
Das Renaturierungsprojekt im Vindelälven ist auf fünf Jahre ausgelegt und wird im Herbst 2015 abgeschlossen. Mit einem Budget von 20 Millionen Kronen ist es bisher einmalig in Schweden. Insgesamt werden 25 Nebenflüsse und 1 000 Tummelplätze für die Fische angelegt. Für Außenstehende mag der Fluss jetzt »chaotischer« aussehen als zur Zeit der Flößerei, als das Idealbild eines Flusses ein eingemauerter Kanal war. Im Rahmen des Projektes wurden große Steinblöcke und Holzstämme in das Flussbett zurückgelegt. Beide bieten Schutzräume für die Fische und fungieren außerdem als Nährstofflieferanten. Zum Schutz des Fischrogens wird regelmäßig Schotter nachgefüllt. Bereits jetzt ist eine deutliche Verbesserung des Fischbestandes in den Nebenflüssen wie dem Gargån und Ruskträskbäcken zu sehen. Und im Vindelälven wandern wieder Lachse. »Wir schaffen neue Voraussetzungen für die Fische. In einigen Jahren wird der Effekt des Projektes für die Menschen und Sportangler hier noch deutlicher werden«, erklärt Johanna Gardeström.