Abgehoben: Mit dem Ballon über Finnisch-Lappland
NORR-Leserin Steffi Rudies und ihr Partner Bernd mieten sich eine kleine Holzhütte in Levi, um in einem Heißluftballon hoch oben den über der Winterlandschaft Finnisch-Lappland zu schweben, ihr erstes eigenes Iglu zu bauen und sich einen weiteren lang-ersehnten Traum zu erfüllen.
Eine Heißluftballonfahrt haben wir schon gemacht, damals, als wir vor zwei Jahren das erste Mal nach Skandinavien kamen. Seit wir einmal hoch oben in den Lüften schwebten stand für uns nicht nur fest, dass wir so ein spektakuläres Erlebnis im Ballon unbedingt noch einmal wiederholen wollen, sondern auch, dass wir zurückmüssen, in den Norden, der uns so verzaubert hat. In diesem Winter ist es soweit. Nachdem wir bei unserem ersten Skandinavientrip an einer organisierten Reise teilgenommen haben, mieten wir uns nun mutig auf eigene Faust eine kleine Holzhütte in Finnisch-Lappland, um verschiedene Schneeabenteuer bei klirrender Kälte, ganz nach unserem Geschmack zu erleben.
Und wie könnte man sich besser auf arktische Temperaturen einstimmen, als mit einem besonderen Outdoor-Grill-Event? Unser Ballonguide Joachim hat uns, nach unserer Ankunft in Levi, zu einem besonderen BBQ eingeladen. Bei minus 20 Grad genießen wir Steaks mit Glühwein und lauschen den Erzählungen der Gruppe über ihre heutige Ballonfahrt, die mit einer spannenden Landung mitten im Zentrum von Levi endete. Bevor wir uns auf den Rückweg zu unserer kleinen Hütte machen, leihen wir uns von Joachim zwei Paar Schneeschuhe aus. Verstohlen werfen wir einen Blick zum Himmel, in freudiger Erwartung, die Nordlichter zu erhaschen. Bereits vor zwei Jahren hatten wir vergeblich gehofft, dieses einzigartige Naturschauspiel erleben zu dürfen. Leider verdeckt uns wieder eine dicke Wolkenschicht die Sicht auf sämtliche Sterne und mögliche Lichtspiele.
Flammend in die Lüfte
Umso großzügiger werden wir dafür am nächsten Tag von der Sonne zur Morgenfahrt mit dem Ballon begrüßt. Der Startplatz befindet sich in einer Parkbucht und liegt circa eine halbe Autostunde von Levi entfernt. Nachdem alle Teilnehmer beim Aufbau geholfen haben und startklar im Korb stehen, gibt Joachim sprichwörtlich Gas und befeuert den Ballon mit dem Brenner. Eine Flamme wie von einem feuerspeienden Drachen ergießt sich in die Ballonhülle und erhebt uns in die Lüfte. Aus der Vogelperspektive gleiten wir nun über Lapplands eisige Schönheit hinweg. Von Horizont zu Horizont erstreckt sich uns eine weite Winterlandschaft, die fast unberührt ist und nur vereinzelt durch Hütten, Straßen und Wege von Menschen belebt scheint.
Hinter den Bergen klettert die Sonne empor und wirft ihre ersten Strahlen über die Baumwipfel. Als ob dieser Moment nicht schon magisch genug wäre, treibt uns der Wind in Richtung des Nationalparks Pallas-Yllästunturi. Joachim lässt den Ballon tiefer sinken. Ragten die Bäume gerade noch wie Miniatur Zahnstocher aus dem Schnee, so wirken sie jetzt bedrohlich nah. So als könnte man nach ihnen greifen. Kurz darauf entdecken wir zwei Elche, die sich ihren Weg durch den Tiefschnee bahnen. Die Auslöser der Fotokameras an Bord klicken und klacken im Sekundentakt. Neben den einmaligen Landschaftsbildern sind die Tierbeobachtungen immer ein besonderes Highlight bei einer Ballonfahrt. Trotz der Thermoanzüge sind wir leicht durchgefroren aber glücklich, als wir nach über zwei Stunden Fahrtzeit neben einem Schneemobilspur sicher landen. Die Bewegung beim Bergen des Ballons wärmt uns jedoch schnell wieder auf.
Sandburgen aus Schnee
Unsere restliche Zeit werden wir nun mit etwas mehr Bodenhaftung verbringen. Unmittelbar vor unserer Haustür laden zahlreich ausgeschilderte Wanderwege zu Erkundungstouren ein. So entschließen wir uns nach dem Frühstück zu einer Schneeschuhwanderung, um danach pünktlich unseren Guide Dmitry zum Iglu Bauen zu treffen. Gemeinsam mit unserem Guide fahren wir zu einem zugefrorenen See wo sich das Polarman´s Camp befindet. Das Basislager besteht aus einem Schneehaus mit Vorraum für fünf bis acht Personen. Zu Beginn des Winters hat Dmitry dieses Bauwerk über mehrere Tage hinweg im Alleingang errichtet. Nach ungefähr zwanzig Minuten Schneeschippen bekommen mein Partner Bernd und ich eine Ahnung davon, wie viel Arbeit und Schweiß in Dmitrys großem Schneehaus stecken. Immerhin bauen wir hier zu dritt an einem Iglu, das für zwei Personen vorgesehen ist. Möglicherweise mit der Absicht uns zu motivieren erzählt Dmitry, dass das Iglu, das uns gegenüber steht, letzte Woche von zwei Engländerinnen angefertigt wurde, die fast doppelt so alt waren wie wir.
Hinter den Bergen klettert die Sonne empor und wirft ihre ersten Strahlen über die Baumwipfel.
Anders als man es erwarten könnte besteht unser Iglu nicht aus zurecht geschnittenen Eisblöcken, sondern aus Schnee, der wie bei einer Sandburg übereinandergeschichtet und festgeklopft wird. Laut Dmitry sei dies die gängige Bauweise eines Iglus in Finnland, wenn sich jemand im Wald verirrt oder sein Tagesziel nicht erreicht hat und eine Notunterkunft für die Nacht gebaut werden muss. Bevor wir den Innenraum unserer Behausung gestalten, muss unser Schneehaufen für eine Stunde ruhen und anfrieren. In der Zwischenzeit bekommen wir nützliches Survival-Know-How vermittelt, beispielsweise, wie wir ein Feuer zum Teekochen entzünden können.
Nach der Ruhephase höhlen wir unter Dmitry´s Anweisungen das Innenleben des Iglus aus. Kurz darauf ist unser Schneehäuschen endlich bezugsfertig. Besonders viel Platz haben wir in unserem neuen Heim nicht, doch zum Überleben würde es reichen. Wir sind windgeschützt und die Luft im Schnee hat eine isolierende Wirkung, sodass die größte Kälte von außen abgehalten wird. Aber für die Nacht kehren wir dann vorerst doch lieber in unsere behagliche Hütte zurück.
Lang ersehntes Highlight
Eigentlich dürften wir uns nach so vielen tollen Erlebnissen nicht beklagen. Dennoch haben wir eine ganz bestimmte Sache vermisst. Deshalb ist die Begeisterung groß, als unser sehnlichster Wunsch, bei dieser Reise die Nordlichter zu sehen, wenige Tage vor unserer Rückreise in Erfüllung geht. In Rot-, Violett- und Grüntönen tanzen die Polarlichter in hoher Intensität über unsere Köpfe hinweg. Und wir schweben auf Wolke sieben über den Schnee. Anstatt sich als Laie mit der Kameratechnik herum zu ärgern und sich später über mittelmäßige Aufnahmen zu erfreuen, sollte man die ersten Nordlichter seines Lebens einfach erleben und genießen. Vielleicht darf selbst professionellen Fotografen dieser Ratschlag für ihre erste Nordlicht Sichtung ans Herz gelegt werden. Auch unser nächstes Reiseziel wird ganz sicher wieder im Norden liegen. Kaum eine andere Region der Erde verzaubert seine Gäste so nachhaltig und lädt zum Träumen sowie Staunen ein.