62° 23′ 56″ N, 5° 37′ 13″ O – hier liegt einer der am dichtesten besiedelten Orte Norwegens. Zumindest im Sommer – dann, wenn Abertausende Vögel zum Nisten auf die Insel kommen.
Basstölpel, Eissturmvögel, Dreizehenmöwen, Trottellummen und Seeadler sind Stammgäste auf der Insel. Die meiste Aufmerksamkeit bekommt jedoch der Papageitaucher.
Die Wellen schlagen gegen die felsige Küste. Möwen streiten sich um Futter, das die voranschreitende Ebbe hinterlässt. Trotz des guten Wetters bläst uns ein frischer Wind um die Ohren. Runde liegt weit im Nordmeer vorgelagert an der norwegischen Küste. Bis vor einigen Jahrzehnten wusste kaum einer von der Existenz dieses einzigartigen Paradieses. Hier liegen die südlichsten norwegischen Vogelfelsen. Nach dem ersten Anstieg durchqueren wir Schafsweiden. Unsere Wanderung wird begleitet von einem stetigen »patsch patsch«, welches wir beim Laufen durch den aufgeweichten Untergrund hinterlassen. Hin und wieder wird uns der Weg durch einzelne Holzbretter erleichtert.
In Richtung des »Runde fyr« greift uns eine aberwitzige Raubmöwe an. Entsprechend des norwegischen »Jedermannsrecht« brütet sie mitten auf dem Pfad. Nach diesem Erlebnis genehmigen wir uns – mit Blick auf den Leuchtturm – eine Pause. Auf dem Meer reist die Wolkendecke auf und die Sonne taucht die Insel in saftiges Grün. Wir hören ein Konzert aus Vogelschreien, Pfeifen des Windes und dem Rauschen der Brandung. Ein Anstieg mit 45° Steigung quält uns bis wir den höchsten Punkt unserer Wanderung erreicht haben, den 294 m hohen »Rundebranden«. Belohnt werden wir mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Küste und Steilfelsen, auf denen Tausende Basstölpel ihr sommerliches Heim bezogen haben. In der nahen Schlucht sehen wir Seeadler kreisen. Wir genießen die Freiheit, die diese imposanten Vögel verbreiten. Nach vier Stunden wandern folgt die Begegnung mit dem Vogel, den die Bewohner Rundes »ihren Vogel« nennen – dem Papageitaucher.
»Lunde« werden bis zu 35 cm groß und brüten in selbst gegrabenen Erdhöhlen jeweils ein Junges aus. Auch wenn sie von Natur aus neugierige Tiere sind, sollte man aus Respekt einen gewissen Mindestabstand halten. Nur so bleibt die einzigartige Fauna auf Runde erhalten. Über eine kleine Leiter geht es zum Plateau »Lundeura«. Das Meer glitzert und ist gespickt von kleinen schwarzen Punkten. Tagsüber treiben die meisten Papageitaucher auf dem Meer, um kleine Fische und Krebstiere zu fangen. Immer wieder sehen wir sie blitzschnell ober und unterhalb des Aussichtspunktes vorbeifliegen. Ein wahres Spektakel. Einige Papageitaucher hüpfen neugierig auf den Felsvorsprüngen umher. Die Zeit scheint still zu stehen, während wir staunend und zum Glück windgeschützt beobachten. Doch egal, ob vom Land oder Boot aus, wenn wir ehrlich sind, liegt der einzig wahre Blick über Runde wohl nur auf den Schwingen der Vögel.