Eisige Berge
Nicht nur Buckelwale und Gletscher gehören zu den unvergesslichen Höhepunkten einer Reise ans Ende der Welt. In Ostgrönland findet Dennis Hartke, was er immer schon gesucht hat: Einsamkeit.
Der regnerische Morgen in Tiniteqilaaq wird mit schwarzem Kaffee und dunklem Brot eröffnet, das mit meterdicker Butter und Speck belegt ist – Energie für den Tag. In dieser Region ein Muss für den Körper. Seit Wochen bin ich nun schon am sogenannten Ende der Welt unterwegs, trage nur noch Funktionskleidung, bin unrasiert, nur dürftig gewaschen und habe seit Monaten in keinen Spiegel mehr geschaut. Hier draußen beantworten sich Fragen, die man sich zu Beginn einer Reise niemals gestellt hat. Ich bin zu Gast dort, wo alles Land endet, mit dem Wissen darüber, dass ich nichts hinterlassen werde, außer meinen Fußspuren im Schnee. Und diese trägt der Wind wieder davon. Ich bin hergekommen, um das Glück der Einfachheit zu leben und um das zu finden, was ich gesucht habe – Einsamkeit.
Langsam kriecht der Geruch von Fisch in unsere Nasen, abseits von unserem Camp im kleinen Jägerdorf wird fleißig Fisch zubereitet und vor der Haustür getrocknet. Nur wenige Familien, die meisten davon Jäger und Fischer, leben hier. Die Häuser sind umsäumt von Wollgras, Grönlandhunde laufen neugierig umher, Kinder spielen Fußball in den sandigen Gassen. Ab und zu fährt ein Fischerboot an unseren Zelten vorbei und sofort heben die Grönländer grüßend ihre Hände. Nach dem Frühstück bauen wir unsere Zelte ab und verlassen den kleinen Ort.
Sanft liegt die Landschaft vor uns, die einem Gemälde gleicht, das kein Maler jemals erschaffen kann. Wie Wolkenkratzer ziehen die weißen Riesen an uns vorbei.
Die Motoren der Boote erfüllen die weitläufigen Fjorde mit ihrem Klang, während uns spitze, schneebedeckte Berge ihr Geleit geben. Vor uns liegt die große Leere. Und dann, im Sermilik-Fjord tauchen sie auf, die Giganten aus Eis. Eine Kulisse bestehend aus Kunstwerken, Schlössern und Festungen im größten Skulpturenmuseum der Welt. Geräuschlosigkeit umgibt uns, während wir zwischen den Eisbergen umhertreiben. Hier wird das »Nichts« zum Genuss.
Sanft liegt die Landschaft vor uns, die einem Gemälde gleicht, das kein Maler jemals erschaffen kann. Wie Wolkenkratzer ziehen die weißen Riesen an uns vorbei. Plötzlich, in der grönländischen Stille, taucht ein majestätischer Buckelwal neben uns auf. Wir schrecken auf und lachen zugleich. Der Wal pustet uns seine luftige Fontäne ins Gesicht, dreht sich auf den Rücken und treibt unter unserem Boot her. Danach taucht der sanfte Riese nochmals auf, winkt uns mit seiner Fluke zu und verschwindet wieder in den schwarzen Tiefen des Meeres. Zurück im Basecamp sitzen wir zusammen, sprechen über unsere Eindrücke und bestaunen die einmaligen Fotos – Bilder, die nur in Grönland entstehen können. Niemand von uns hat die Natur jemals so nah gespürt wie hier.